(11.02.2011) Irgendwie trauen viele Autofahrer Autogas noch nicht. Ein Grund ist die Angst, mit leerem Tank liegen zu bleiben. Sie ist zwar bei bundesweit über 6.500 LPG-Tankstellen unbegründet, aber Angst ist ja nun mal nicht in erster Linie rational. 100-prozentig von der Hand zu weisen ist sie aber auch nicht – spätestens dann, wenn wie beim Projekt CO2-100minus monovalente Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Also Pkw, die ausschließlich mit Autogas fahren und so noch mehr Treibhausgase und Schadstoffe einsparen. Zudem haben manche Länder (zum Beispiel Schweden) auch heute noch keine ausreichende Autogas-Infrastruktur.
Das „Projekt s1000plus“ setzt hier die Forschungen der Vorgänger-Projekte konsequent fort. Es sollen Entwicklungen forciert werden, durch die es allein mit Autogas möglich ist, ohne Tankstopp mehr als 1.000 Kilometer zurückzulegen. Das hieße, ohne ,,Boxenstopp“ von Saarbrücken bis nach Bordeaux oder Nizza fahren zu können. Von Berlin aus wären Warschau oder Kopenhagen in einem Rutsch erreich-bar. Von Hamburg aus ginge es bis nach Stockholm oder Oslo. Das sind Distanzen, bei denen selbst Dieselfahrer neidisch werden und mit denen es sich trefflich werben ließe.
Hört sich vergleichsweise einfach an. Doch Praxistauglichkeit ist für Prof. Heinze oberstes Gebot. Herauskommen müssen Lösungen, die vom Markt akzeptiert werden können. Das bedeutet auch, dass sie für den Endkunden bezahlbar sein müssen. Ein großer Tank im Kofferraum und das Problem ist gelöst? Dazu bedarf es keines Projektes und erst recht keiner Forschung an einer Hochschule. Der Kofferraum muss unangetastet bleiben. Lediglich – wie heute schon allgemein üblich – die Reserveradmulde dürfte genutzt werden. Ausgerechnet das Versuchsfahrzeug, ein Peugeot 5008 hat sie aber nicht, da er als Siebensitzer konzipiert ist. Das Reserverad ist von außen zugänglich unter dem Fahrzeugboden platziert.
OK, den Raum kann man nutzen – aber das reicht sicher nicht. Nach einer ersten Besichtigung des Fahrzeuges steht fest: Der Benzintank liegt raus. Den braucht man ja ohnehin nicht mehr, denn auch der Peugeot wird wie die Fahrzeuge beim Projekt CO2-100minus monovalent ausgerüstet. Er startet also nicht einmal mehr mit Benzin. Auch die Abgasanlage soll verlegt werden, denn unter dem Heck prangt derzeit ein riesiger Endschalldämpfer.
Zum Einsatz sollen so genannte Matratzentanks kommen – eine Bauform mit mehreren nebeneinander liegenden Zylindern auch unterschiedlicher Länge, die sicher noch als Exot unter den Flüssigkeitsbehältern gelten kann. Da gilt es dann unter anderem, die 80-prozentige Befüllung aller Autogastanks sicherzustellen. Auch der Tankvorgang darf sich in Relation zur Kraftstoffmenge nicht wesentlich verlängern. Einen entscheidenden Schritt nach vorn würde Autogas – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung – machen, wenn die Verbrauchsdaten endlich in den normalen Bordcomputer einfließen würden. Die derzeitige 5-LED-Anzeige ist da keine Lösung, zumal deren Genauigkeit mit mehreren Tanks noch leiden wurde. Eine „richtige“ Tankanzeige steht daher bei Automotive Powertrain auch im Lastenheft.
Während des gesamten Projektes werden Verschleißmessungen durchgeführt, und auch der optimale Einsatz von Additiven – die bei Autogas anders als bei Benzin nicht bereits in der Raffinerie zugesetzt werden – soll getestet werden. „Die Lebensdauer eines Motors ist für uns ganz wichtig“, betont Volker Witte, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HTW. „Er muss mindestens 200.000 Kilometer problemlos laufen und nicht nur die 1.000 Kilometer des Projektes.“
Die Entwicklung eines ,,Reservekanisters“ wurde die letzte Angst vor dem Liegenbleiben nehmen. Dieser wäre sicherlich für den Endverbraucher zu teuer, für Automobilclubs, Pannendienste und Tankstellen aber eine sinnvolle und auch werbewirksame Ergänzung ihres Angebotes. Wer dann noch ohne Autogas liegen bleibt, ist selber schuld.
Ein tolles Projekt, werde es mit Neugier verfolgen!